Von Pferdeköpfen, Micky Mäusen und Helikopterzöpfen – Die Proben des ersten Halbinals

Die Woche vor der Eurovisionswoche ist traditionell reserviert für die Proben der Interpreten. Jedes Jahr freuen wir uns darauf endlich zu sehen wie der Bühnenauftritt in etwas aussehen wird. Wie üblich erden die jeweiligen Semis an zwei Tagen zu Proben gerufen und die Big 5 und das Gastgeberland bei den zweiten Proben mit ihren ersten dazwischengeschoben, und am Ende ihre zweiten Proben absolvieren.

Zu Beginn der ersten Proben geht es gleich mit einem der Favoriten auf die Top 5 los, mit Schweden. Robin Bengtsson bietet und mit seinem Auftritt wenig neues im Vergleich zum Melodifestivalen und das ist auch gut so. Der einzige Unterschied ist wohl die Bekleidung seiner Tänzer, die nun nicht mehr im schwarzen sondern im weißen Rolli auftreten. Auch aus den Katakomben wird er in Kiew nicht kommen können also begnügt er sich damit von der Seite auf die Bühne einzulaufen. Auch das 8-Bit-Tron-Gedächtnis Gitte im Hintergrund ist wieder mit dabei. Im Anschluss gibts den Vergleich zwichen Rehearsal und Vorentscheid.

1st Rehearsal

Vorentscheid

Jetzt kommt gleich zweimal relativ schwere Kost am Stück. Angefangen mit Georgien und Tamara Gachechiladze die ihre Power Ballade Keep the Faith routiniert und mit toller Stimme bereits in der ersten Probe so richtig auslebt. Sie steht alleine auf der Bühne und auch der Hintergrund ist jetzt nicht besonders spektakulär. Ich denke das wird nicht einfach für sie sich zu qualifizieren, dafür bietet der Auftritt wenig Erinnerungspotential. Danach folgt gleich Albanien mit Lindita, die ihren Song World nicht dem aktuellen Trend folgend mit versteckten Background Sängerinnen und Sängern folgt, sondern diese alle sehr präsent über die Bühne verteilt. Sie selbst knödelt sich die Seele aus dem Leib und macht das, wie schon im Vorentscheid wirklich gut. Im Hintergrund sieht man teilweise eine Felsenlandschaft, hinter der große Uhren und andere Geräte durchschweben. Nett anzuschauen und durchaus in Erinnerung bleibend.

2. Georgien

3. Albanien

Der nächste langsamere Song folgt mit Australien und Isaaiah der auf einer Drehscheibe steht. Der nächste Trend in diesem Jahr scheint es zu sein große Bilder des Sängers bzw. der Sängerin im Hintergrund zu zeigen. So kann man sich sicher gut beim voten an den Interpreten erinnern aber ich persönlich finde das etwas narzistisch. Gesanglich ist das allerdings Top was der junge Australier hier abliefert. Auch im letzten Jahr wurde Dami Im so stark in Szene gesetzt. Ich vermute mal dass man die Interpreten von Down Under so bekannter machen will in Europa. Es lässt sich allerdings nichts dran rütteln, dass wir hier vier langsame Songs in Folge haben, die zwar augenscheinlich nach dem Motto „Das Beste zuletzt“ arrangiert wurden aber für manche Zuschauer sicher langweilig sein werden.

Denn der vierte langsame Beitrag ist einer der Mitfavoriten, nämlich Belgien mit Blanche und City Lights. Ich hatte ja nachdem anschauen der verschiedenen Live Auftritte schon die Befürchtung dass das schwierig wird diesen Song auf der großen Bühne adäquat darzustellen. Hier sollte man doch sehr minimalistisch bleiben, wie bei Stig und Elina oder Maraaya vor zwei Jahren: ohne großen Schnickschnack einfach nur mit der Interpretin und evtl mit einem Klavierspieler. Aktuell ist der Auftritt meines Erachtens noch nicht Fisch und nicht Fleisch. Das Bühnenbild ist viel zu hektisch und zwertört quasi die Introvertiertheit des Songs. Ich zweifle daran dass dies der richtige Weg zur Top 5 ist. Ich habe die Befürchtung dass der auftritt von der Wucht der vor ihr startenden und nachfolgenden Künstler quasi vergessen geht.

4. Australien

5. Belgien

Als sexter Interpret folgt die Glitzerdiva aus Montenegro. Ich glaube Christer Björkmann ist auch ein Fan von Slavko, denn er gibt ihm einen Startplatz inmitten von langsamen Songs. In der Probe sah das alles noch nicht so perfekt aus wie ich mir das wünschen würde, aber jetzt mal ehrlich: wer im diesjährigen Lineup könnte denn sonst so ein Outfit tragen? Er steht alleine auf der Bühne und macht uns mit seinem Pferdeschwanz den Helikopter. Dieser Auftritt wird sicher im Gedächtnis der Zuschauer bleiben, ob positiv oder negativ wird sich an der wertung zeigen. Stimmlich ist da jedenfalls noch sehr viel Luft nach oben. Auch das Bühnenbild ist, soweit man es in dem Ausschnitt erkennen kann, nicht so wirklich das Nonplusultra.

Viel wurde schon über den Beitrag von Finnland geschrieben. Ich höre ihn eigentlich ganz gerne aber ein Lieblingssong wird er sicher nicht mehr werden. Norma John haben an ihrem Auftritt nichts verändert und bleiben weitgehend wie schon beim Vorentscheid in Rot und Schwarz. Nach der Slavko Show wirkt diese ruhige Nummer wahrscheinlich ganz gut.

Etwas skurilere Auftritte sind wir ja von Aserbaidschan schon gewohnt. Wer erinnert sich nicht an Elnur und Samir als Engel und Teufel oder Elnur solo. Diesmal sehen wir eine Kreidetafel und einen Mann mit Pferdekopf, der auf einer Leiter steht. Später sieht man dass die Kreidetafel eine Box ist und es werden alle drei sichtbaren Seiten von den Background Sängern umgelegt und Dihaj klettert dann auf eine dieser entstehenden Rampen. Zwischendrin öffnet und schließt sie während des Gesangs dauerhaft ihren Trenchcoat und macht jedem Exhibitionisten Konkurrenz. Was wollen sie uns damit sagen? Verwirrend und verstörend!

Der Abschluss des ersten Probentages und damit der Hälfte der ersten Semis bildet Portugal mit Luisa Sobral. Luisa Sobral werdet ihr fragen? Ja, denn sie wird die ersten beiden Rehearsals an Stelle ihres Bruders bestreiten, der ja bekanntlich unter Herzproblemen leidet und sich erst kurz vor dem Contest nach Kiew begeben wird. Luisa ist übrigens auch die Komponistin des Songs. Der Auftritt bleibt minimalistisch und im Hintergrund ist statt eines hektischen Bühnenbildes nur ein Wald zu erahnen. Schöner Auftritt wird es werden denk ich aber der Song ist überhaupt nicht meiner.

7. Finnland

8. Aserbaidschan

9. Portual

Griechenlands Song finde ich ziemlich nichtssagend und banal aber die Hellenen holen auch diesmal das Beste raus und Demy performt den Song unter einem digitalen Wasserfall mit halbnackten Tänzern und spritzendem Wasserfontänen. Ebenso kommt eine Hebebühne zu Einsatz, die die Künstlerin zwischen Feuerregen nach oben fährt. Nett.

Polen ist für mich immer so etwas wie das Überraschungsei. Die Songs gefallen mir selten aber in den letzten 3 Jahren seit ihrem Wieder einstieg sind sie immer ins Finale gekommen und im letzten Jahr mit einem unfassbar schwülstigen Song so weit gekommen wie selten zuvor. Ich kann auch nicht sagen dass mir der Song in diesem Jahr gar nicht gefällt aber er ist mir in gewisser Weise egal und auch die Inszenierung bietet wenig neues: Kasia Mos singt live super und hat einen Geiger mit auf der Bühne. Wir werden sehen ob das für den Finaleinzug reicht.

Für etwas mehr Stimmung sorgen die Jungs vom Sunstroke Projecct. Mir gefällt der Song eigentlich ganz gut und ich hoffe schon darauf dass wir ihn im Finale wieder hören können. Auch hier hat ich im Vergleich zum Vorentscheid wenig getan. Ein Sänger, der Epic Sax Guy und der Violonist tanzen mit 3 Bräuten und singen von Mama. Der Hintergrund ist überladen mit animierten Mustern, Text und Dubletten der Musiker. Overload-Gefahr!

10. Griechenland

11. Polen

12. Moldawien

Ich muss ja gestehen dass mir Paper von Svala mittlerweile ziemlich gut gefällt. Sie hat außerdem eine hohe Bühnenpräsenz. Mit ihren Micky Maus-Ohren und ihrem weißen Outfit sieht das ziemlich gut aus. Auch der Hintergrund passt sehr gut zu dem Song. In den letzten beiden Jahren konnte sich das kleine nordeuropäische Land ja nicht qualifizieren. Diesmal ist es ein ähnlicher Auftritt und das gibt schon einen Vorgeschmack darauf was in diesem Jahr ebenfalls passieren könnte. Wir müssen abwarten.

Über Tschechien brauche ich nicht viel schreiben. Der Song wird sich ziemlich sicher nicht für das Finale qualifizieren. Er ist langweilig, kommt vor Zypern und als zweite Ballade nach Island. Ich glaube hier muß man kein Prophet sein um das zu prognostizieren. Ich bin mir auch nicht sicher ob der goldene unvorteilhafte Hosenanzug das Beste ist, was die Tschechien als Outfit hervorkramen konnten.

Ein bischen tapsig wirkt der Auftritt von Hovig. Nicht nur der Song ist offensichtlich geklaut, auch das Bühnenbild haben wir so schon öfter gesehen. Nun ja, mir gefällt der Song und ich gehe davon aus dass sich Hovig für Zypern auch qualifizieren wird. Die Stimmen der Schweden dürften dem Land nur so zufliegen, da die ja bekanntlich auf diese Boyband Nummern voll abfahren. Eine Spur mehr Professionalität dürfen wir hier noch erwarten, aber das war ja nur die Stellprobe, und die hat er nicht wirklich bestanden.

13. Island

14. Tschechien

15. Zypern

Der für mich enttäuschendste Auftritt in diesem Semi ist von meinem persönlichen Mitfavoriten Armenien. Das Video ist total dynamisch und schwungvoll und mit den synchron tanzenden Tänzerinnen und Tänzern einfach perfekt. Die zwischenzeitlichen Auftritte ließen mich ja schon etwas zittern und gottseidank iist der Auftritt beim ESC wieder stylischer als im Vorfeld aber wo sind denn bitte die Tänzer geblieben????? Es sind nur zwei Frauen übrig geblieben. Mann, was hätte man aus diesem Song visuell herausholen können! Der Choreograph gehört gefeuert! Immerhin trägt Artsvik nicht so eine armenische Tracht wie in Tel Aviv. Ich hätte mir eher einen Auftritt wie bei den Armenien Music Awards gewünscht. Schade!

Der vorletzte Titel in diesem Halbfinale ist für mich der zweite eindeutige Nichtqualifikant. 2005 konnte sich Slowenien mit Omar Naber auch schon nicht qualifizieren und diesmal ist der Song so drööööge und altbacken. Außerdem zwischen den dynamischen Songs von Armenien und Lettland eingepackt wird er schneller vergessen als die Siegerin vom letzten Jahr.

Lettland macht für mich wieder alles richtig und läßt ihre Elektropopper von Triana Park mit Line visuell und akustisch die Bühne rocken. Toller Abschluß des ersten Halbfinales.

16. Armenien

17. Slowenien

18. Lettland

Fazit:

– In ganzer Linie enttäuschen mich Belgien und Armenien. Ich hoffe sie bekommen noch die Kurve. Eine Qualifikation für beide sollte aber trotzdem drin sein.
– Nichts neues im Vergleich zum Vorentscheid bieten Schweden, Finnland und Moldawien.
– Die Auftritte von Polen, Island, Tschechien und Georgien machen die Songs auch nicht besser.
– Montenegro und Zypern müssen noch einen Zahn zulegen.
– Aserbaidschan ist speziell
– Griechenland überrascht positiv

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